Der Kunde zahlt nicht – Walkthrough / Tipps und Tricks für die Vollstreckung

Der Kunde zahlt nicht – Walkthrough / Tipps und Tricks für die Vollstreckung

Die Schweizer sind dafür bekannt, dass sie ihre Rechnungen grundsätzlich seriös und pünktlich bezahlen. Soweit das Vorurteil. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass dem die Praxis eklatant gegenübersteht. Aus einer Statistik des Bundes von 2022 geht hervor, dass weit über 10 % aller Schweizer in einem Haushalt mit Zahlungsrückständen leben. Die Steuerbehörden anerkennen diesen Umstand ebenfalls an und erlauben – föderalistisch unterschiedlich – je nach Kanton 5 – 10 % Wertberichtigung auf den Debitorenbestand (Delkredere).

Soweit zur Statistik: In der Praxis zeigt sich, dass viele Kunden die Zahlung der Rechnung für Lieferungen und Leistungen entweder vergessen oder bewusst nicht bezahlen. An diesem Punkt stellt sich für die Unternehmer die Frage nach der Vollstreckung.

Schweizerisches Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Die Mahnung ist immer der erste Schritt, eine offene Rechnung einzufordern. Oftmals wird dies mit einer Mahngebühr verbunden (CHF 10.-, 20.- etc.). Es sei darauf hingewiesen, dass solche Gebühren im späteren Verfahren aber nur dann berücksichtigt werden können, wenn dies im Vertrag explizit vereinbart wurde. Eigener Aufwand fällt – leider – ausser Betracht.

Zahlt der Kunde auch nach einer Mahnung nicht, ist als nächstes die formelle Vollstreckung anzugehen. Hierfür wird ein Betreibungsbegehren beim Wohnort des Schuldners eingereicht. Im Anschluss wird dem Schuldner der Zahlungsbefehl zugestellt. Auf diesem Formular kann der Schuldner gegen den Betrag sogenannten Rechtsvorschlag erheben. Dies bedeutet nichts anderes, als dass er die Forderung bestreitet. Unternimmt der Schuldner innert einer Frist von 10 Tagen nichts, ist der Zahlungsbefehl gültig und es kann das Fortsetzungsbegehren zur Pfändung gestellt werden.

Beseitigung Rechtsvorschlag – formelles Verfahren
In der Praxis erheben sehr viele Schuldner einen Rechtsvorschlag. Meistens wird ein solcher auch erhoben, wenn der Schuldner sehr genau weiss, dass er den Betrag noch schuldig ist (aus Trotzreaktion, aus Verzweiflung, aus Unkenntnis, um Zeit zu gewinnen …). Die Unternehmer sind anschliessend gehalten, die Sache ökonomisch zu beurteilen. Die Betreibung selber löst nämlich bereits Kosten von knapp CHF 100.- aus. Für die Beseitigung des Rechtsvorschlages kommt es sodann darauf an, auf welcher Grundlage die Forderung basiert:

  • Basis Rechnung ohne weitere Sicherung
    Besteht nur eine einfache Rechnung, muss für die Beseitigung des Rechtsvorschlages der ordentliche Zivilprozess eingeleitet werden. Zuerst findet eine Schlichtungsverhandlung statt, an welcher der Schuldner aber fernbleiben kann. Der Gläubiger ist zur persönlichen Teilnahme verpflichtet. Im Anschluss wird ein ordentliches Gerichtsverfahren durchgeführt. Leider sind die Verfahren überaus kostenintensiv und oftmals steht der Aufwand in keinem Verhältnis zur Grundforderung von vielleicht nur wenigen hundert Franken. Sofern der Schuldner eine juristische Person (Gesellschaft) ist, kann zudem im Kanton St. Gallen die Zuständigkeit des Handelsgerichts vorliegen (Konsequenz: Fachlich hochkompetent aber umfangreich, langwierig und teuer).
  • Basis Rechnung und unterschriftliche Anerkennung durch den Schuldner
    Viel besser ist die Ausgangslage, wenn der Schuldner den Betrag unterschriftlich anerkannt hat. Dies ist in diversen Formen denkbar (bspw. reicht ein Brief des Schuldners, in welchem steht: «Ich weiss, dass ich noch CHF XY schulde, aber ich kann es dir erst in 2 Wochen bezahlen.»). Wichtig ist, dass die Schuldanerkennung unterschrieben ist. Liegt eine solche Schuldanerkennung vor, kann ohne Schlichtungsverfahren ein Gesuch beim Kreisgericht auf sogenannte provisorische Rechtsöffnung eingereicht werden. Das Verfahren findet sodann nur schriftlich statt und ist überaus speditiv.
  • Basis Rechnung und Urteil mit Feststellung Forderung
    In der Praxis wenig relevant sind die Fälle, in welchen die Forderung bereits im Voraus durch ein Gericht festgestellt oder in einer Urkunde festgelegt wurden. In diesem Fall würde die Rechtsöffnung auch durch das Kreisgericht in einem einfachen Verfahren erteilt.

Beseitigung Rechtsvorschlag – einfaches / praktisches Verfahren
In der Praxis reicht es nach der Erhebung des Rechtsvorschlages oftmals schon, mit dem Schuldner das Gespräch zu suchen und die Gründe für den Rechtsvorschlag / das Nicht-Bezahlen herauszufinden. Sofern der Grund in einem Liquiditätsengpass liegt, sind die Unternehmer oft gut beraten, eine einfache Abzahlungsvereinbarung mit einer Schuldanerkennung zu schliessen. Dies ermöglicht dem Schuldner eine sukzessive Rückzahlung ohne Beizug des Betreibungsamtes (eventuell sogar mit einer Löschung des Eintrages) und den Unternehmern erspart es ein kostenintensives und langes Gerichtsverfahren. Damit ist beiden Parteien geholfen.

Fazit
Die Betreibung von Forderungen ist in der Schweiz überaus einfach und theoretisch auch ohne konkreten Grund möglich. Bei der Beseitigung des Rechtsvorschlages sind unter Umständen Vorgehensweisen ausserhalb der gesetzlichen Regelung / einvernehmliche Lösungen zielführender. Wichtig ist, die Situation bereits bei der Einleitung zu prüfen. Gerne unterstützten wir Sie dabei.

Verhinderung von Missbräuchen im Konkurswesen

Verhinderung von Missbräuchen im Konkurswesen

Voraussichtlich per 01.01.2024 tritt das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses vom 18.03.2022 in Kraft. Es betrifft Änderungen im StGB, im OR, des Strafregistergesetzes, des Bundesgesetzes über direkte Bundessteuern und der Handelsregisterverordnung.

Im Handelsregister eingetragene Firmen und Schuldner, die ihre Steuern, Gebühren oder Abgaben an die öffentliche Hand nicht bezahlt haben, können derzeit für solche Verpflichtungen nicht auf Konkurs betrieben werden. Wenn keine Aktiven gepfändet werden konnten, haben solche Schuldner keine Zwangsmassnahmen befürchten müssen. Dies führte vielfach dazu, dass Schuldner, die finanziell in der Enge waren, sich um Forderungen des Staates foutiert haben und trotz Überschuldung weiter Geschäfte betrieben haben. Diesbezüglich wird ihnen nun ein Riegel geschoben.

Neu wird das Konkursamt verpflichtet, Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden zu erstatten, wenn sie bei der Abwicklung des Konkurses von Delikten im Vorfeld der Konkurseröffnung Kenntnis erlangen. Das Konkursamt kann neu alle Anbieter von Postsendungen anweisen, ihm Einsicht an die an den Schuldner adressierten Postsendungen zu gewähren und diese an das Konkursamt auszuliefern.

Schon bisher konnte ein Gericht einem Täter, der gegen bestimmte Gesetze verstossen hatte, ein Berufsverbot für solche Tätigkeiten auferlegen (Art. 67 StGB). Neu umfasst das Tätigkeitsverbot auch Tätigkeiten, die der Täter in irgendeiner Funktion, die im Handelsregister eingetragen ist, ausgeübt hat oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Funktion hat ausüben lassen.

Neu erstatten die Steuerbehörden dem Handelsregister Meldung, falls innert drei Monaten nach Ablauf der entsprechenden Fristen von einer juristischen Person keine Jahresrechnung eingereicht wurde. Solche Firmen können dann nicht mehr mit einer Opting-Out Klausel auf die Revisionsstelle verzichten. Die Opting-Out Erklärung gilt neu nur noch für künftige Geschäftsjahre und muss vor Beginn des Geschäftsjahres dem Handelsregister gemeldet werden.

Mit der vorgesehenen Änderung der Handelsregisterverordnung sollen öffentliche Personendaten mit der AHV-Versicherungsnummer verknüpft werden und über Zefix gebührenfrei abrufbar sein. Damit wird für jedermann prüfbar sein, bei welcher Rechtseinheit eine Person eingetragen ist oder war. So kann der wirtschaftliche Werdegang einer Person nachvollzogen werden, z.B. ob eine Person in irgendeiner Funktion in ein Konkursverfahren verwickelt war.