Änderung des Steuergesetzes St. Gallen, Anpassung Erbschaftssteuer für Konkubinatspaare

Änderung des Steuergesetzes St. Gallen, Anpassung Erbschaftssteuer für Konkubinatspaare

Die besinnliche Adventszeit verbringen die meisten im Kreis der Familie. Gerade Weihnachten ist als Familienfest ungeschlagen. Alle kommen zusammen: Grosseltern, Geschwister, Kinder, Ehegatten und Konkubinatspaare? Obwohl die Ehe nach wie vor – zumindest in rechtlicher Hinsicht – eines der besten Gesamtpakete für die Absicherung und gegenseitige Stützung ist, entscheiden sich immer weniger Paare für dieses Institut. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Statistik lebt die Hälfte der 35 – 44-jährigen Paare ohne Kinder im Konkubinat. Paare mit Kindern sind eher verheiratet.

Die Gründe für das Konkubinat – oder gegen die Ehe – mögen v.a. in der Steuerbelastung liegen. Dabei wird ein grosser Nachteil in den vermeintlich jungen Jahren der Konkubinatspartner oft vergessen: Die Erbschaftssteuer.

Aktuelle Gesetzeslage

Während Verfügungen von Todes wegen (Erbschaften) an die eigenen Nachkommen oder die Ehegatten steuerbefreit sind, werden alle anderen Empfänger (Eltern, Geschwister, andere Personen) mit einem Steuersatz von 10 – 30 % belastet. Obwohl das Konkubinat in verschiedenen Punkten der Vorsorge (bspw. Begünstigung in der 3. Säule oder BVG) bereits angekommen ist, gelten Konkubinatspartner im Erbfall steuerlich als sog. «übrige Empfänger» und werden daher mit einem Steuersatz von immensen 30 % belegt. Der Freibetrag beläuft sich auf geradezu vernachlässigbare CHF 10’000.00.

Die Situation stellt Konkubinatspaare im Erbschaftsfall vor erhebliche Steuerbelastungen. Die praktischen Probleme daraus werden insbesondere dann noch verschärft, wenn eine gemeinsame Liegenschaft besteht, welche es zu halten gilt.

Rechenbeispiel (alt): Bei einem Nettonachlass des Konkubinatspartners von CHF 200’000.00 beträgt die Steuerlast
CHF 57’000.00. Bei einem Nettonachlass von CHF 500’000.00 beträgt die Steuerlast CHF 147’000.00.

Gesetzesrevision StG SG per 01.01.2024

Im Jahr 2021 erreichte dieses Rechenbeispiel und die Statistik wohl auch den St. Galler Kantonsrat. Eine Motion der Mitte-Fraktion zur Anpassung der Erbschaftssteuer für Konkubinatspartner wurde mit nur einer Gegenstimme gutgeheissen. Das entsprechende Gesetz tritt per 1. Januar 2024 in Kraft.

Gemäss der neuen Regelung (Art. 153 ff. StG) beträgt der Freibetrag für Konkubinatspaare neu CHF 25’000.00. Der Steuersatz wurde auf 10 % reduziert.

Rechenbeispiel (neu): Bei einem Nettonachlass des Konkubinatspartners von CHF 200’000.00 beträgt die Steuerlast neu «nur» noch CHF 17’500.00. Bei einem Nettonachlass von CHF 500’000.00 beträgt die Steuerlast neu noch CHF 47’500.00.

Fazit

Die Gesetzesanpassung entschärft die Situation der Konkubinatspaare im Todesfall deutlich. Wenn man sich für das Zusammenleben ohne das Institut der Ehe entscheidet, empfiehlt es sich jedoch, die Gemeinschaft und die Vorsorge auf eine solide vertragliche Grundlage zu stellen. Wir beraten Sie dabei gerne.

Die Digitalisierung der Anwaltstätigkeit / Aktuelle gesetzliche Grundlage zur elektronischen Unterschrift

Die Digitalisierung der Anwaltstätigkeit / Aktuelle gesetzliche Grundlage zur elektronischen Unterschrift

Unlängst sagte mir ein Mandant in einer Besprechung: «Ihr Anwälte und die Behörden seit doch alle noch in der digitalen Steinzeit.» Wer heute an ein Gericht oder eine Anwaltskanzlei denkt, hat nicht selten noch riesige Papierberge auf meterlangen Bürotischen im Kopf. Man kann sich den Staub geradezu vorstellen. Zugegebenermassen vermag dieses Vorurteil auch heute noch auf verschiedene Kolleginnen und Kollegen zutreffen. Es ist aber ein Fakt, dass sämtliche Schweizer Behörden (inkl. Gerichte) zusammen mit dem Schweizerischen Anwaltsverband im Rahmen des sog. Projektes «Justitia 4.0» volldigitalisiert werden. Dieses beinhaltet die vollständige und ausnahmslose elektronische Kommunikation zwischen Anwälten und Behörden inkl. Gerichten. Das Projekt geht so weit, dass ab dem Jahr 2027 Eingaben an staatliche Stellen ausnahmslos nur noch digital via einer elektronischen Plattform möglich sein werden (inkl. gesetzlichem Zwang für Anwälte). Das Projekt befindet sich aktuell in der Testphase und wird im Jahr 2024 in einigen Kantonen in einen Pilotbetrieb übergehen. Das Gesamtprojekt ist im Zeitplan, weshalb sich jede Kanzlei an den Wandel frühzeitig anpassen muss.

Einen wichtigen Schritt zur Volldigitalisierung des Rechtsverkehrs hat der Gesetzgeber bereits im Jahr 2005 mit dem Gesetz zur elektronischen Signatur vorgenommen. Die Art der rechtsgültige Unterschrift im Sinne des Gesetzes (Art. 14 OR) ist für den Geschäftsverkehr von absolut zentraler Bedeutung. Mit vernachlässigbaren Ausnahmen war die gültige Unterschrift bis anhin nur «eigenhändig» gültig. Unterzeichnungen im pdf. / als Kopie sind in der Praxis zwar weit verbreitet, jedoch ungültig (und im Übrigen auch riskant). Entsprechende Eingaben an Behörden gelten formal eigentlich als nicht erfolgt, werden kollegialiter aber oft akzeptiert.

Die elektronische Unterschrift ist gemäss Gesetz dieser eigenhändigen Unterschrift gleichgesetzt. Dabei handelt es sich um die sogenannte «qualifizierte elektronische Signatur». Für diese ist vorausgesetzt, dass das hierfür verwendete Programm von einem durch die Eidgenossenschaft zertifizierten Anbieter stammt. Aktuell gibt es in der Schweiz vier solche Anbieter, wobei die Systeme interoperabel sind. Die Hersteller ermöglichen dabei auch weitere Arten von elektronischen Signaturen, welche zwar die Glaubwürdigkeit des Absenders erhöhen / sicherstellen, jedoch nicht der eigenhändigen Unterschrift gleichkommen. Noch nicht möglich sind digitale Beurkundungen, wobei eine gesetzliche Grundlage im Jahr 2021 erarbeitet wurde.

Unsere Kanzlei ist bereits heute im Vergleich mit anderen Anwaltskanzleien überaus weit mit der Digitalisierung. Einzelne Anwälte führen ihre Falldossiers vollelektronisch und verkehren auch so mit den Behörden. Wir beabsichtigen im kommenden Jahr die vollständige Digitalisierung weiter umzusetzen und ermutigen nicht zuletzt auch unsere Partner dazu, uns die notwendigen Dokumente digital zur Verfügung zu stellen.

Neues Aktienrecht seit 1.1.2023 in Kraft

Neues Aktienrecht seit 1.1.2023 in Kraft

Neues Aktienrecht – was KMU beachten sollten

Seit dem 1. Januar 2023 ist das neue Aktienrecht in Kraft. Es betrifft sowohl Aktiengesellschaften als auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Es wurden eine Vielzahl von Änderungen vorgenommen. Für kleinere und mittlere Unternehmungen stellt sich damit die Frage, welche Änderungen für den eigenen Betrieb relevant sind.

Vorab sei darauf hingewiesen, dass die Auswahl natürlich nicht abschliessend ist. Auch für KMUs können hier nicht beschriebene Neuerungen relevant sein (Aktienkapital in Fremdwährung, Mindestnennwert von einem Rappen der Aktien / Stammanteile, Möglichkeit der Zwischendividende, neue Bestimmungen zur Sachübernahme, Einführung Geschlechterquoten, Kapitalband etc.). In der Praxis machen wir aber die Erfahrung, dass insbesondere die nachstehenden Bereiche für eine Anpassung / allgemeine Information sinnvoll sind:

Virtuelle Generalversammlung und Verwaltungsratssitzung

Neu besteht die Möglichkeit sowohl die Generalversammlungen als auch die Verwaltungsratssitzungen virtuell (via Videokonferenz / Zoom / Teams etc.) abzuhalten. Ebenso ist eine Mischform bzw. «hybride» Durchführung möglich. Es ist aber sicherzustellen, dass die Identität der Teilnehmer festgestellt werden kann, die Voten der Generalversammlung unmittelbar übertragen werden, sich jeder Teilnehmer an der Diskussion beteiligen sowie das Abstimmungsergebnis nicht verfälscht werden kann.

Während die digitale / hybride Durchführung der Generalversammlung bei den meisten Gesellschaften wohl eher die Ausnahme bleiben dürfte, wird die digitale und hybride Durchführung von Verwaltungsratssitzungen in der Praxis wohl eine grosse Bedeutung erlangen. Bisher war die Durchführung solcher hybriden Verwaltungsratssitzungen umstritten. Mit der Gesetzesänderung schafft der Gesetzgeber nun eine explizite Grundlage. Dabei ist zu beachten, dass die Protokollvorschriften weiterhin gültig bleiben (vgl. nachstehend). Ebenso ist eine Ergänzung / Änderung der Statuten empfehlenswert.

Protokollierung Generalversammlung, Detailangaben

Der Artikel 702 OR, welcher den Mindestinhalt des Protokolls der Generalversammlung betrifft, wurde ebenfalls ergänzt. Neu müssen sowohl das Datum, die Uhrzeit (Anfang und Ende), die Art und der Ort der Generalversammlung im Protokoll aufgeführt werden. Konkret bedeutet dies, dass im Protokoll der Generalversammlung der Muster AG festgehalten wird, dass die ordentliche Generalversammlung am 10. Mai 2023 um 18:00 Uhr im Restaurant Rössli beginnt und um 19:00 Uhr endet. Die übrigen Bestimmungen bleiben gleich, wobei bei einer «digitalen Generalversammlung» bzw. bei Verwendung elektronischer Mittel relevante technische Probleme aufgeführt werden müssen.

Bisher waren diese Angaben nicht zwingend und sind damit in vielen Vorlagen nicht aufgeführt. Wir empfehlen daher eine Überprüfung der bisher verwendeten Vorlagen.

Standardmässige Delegationskompetenz der Geschäftsführung

Bisher war für die Delegation der Geschäftsführung durch den Verwaltungsrat – vornehmlich an einen angestellten Geschäftsführer – eine explizite statutarische Grundlage notwendig. Das neue Recht sieht diese Möglichkeit nun explizit vor, wobei die Statuten die Möglichkeit beschränken können.

Information über Interessenkonflikte

Bisher war der einzelne Verwaltungsrat und die berufene Geschäftsführung nicht explizit bzw. nur im Rahmen der «allgemeinen Treuepflichten» dazu verpflichtet, Interessenkonflikte der Gesellschaft mitzuteilen. Das neue Aktienrecht schafft eine Bestimmung, wonach diese Meldungen nun zwingend sind. Es empfiehlt sich, die Meldungen schriftlich vorzunehmen und in das Protokoll zu integrieren.

Nimm doch einfach mein Auto…

Nimm doch einfach mein Auto…

Die Ausgangssituation ist bestens bekannt. Ein Freund oder ein Angestellter braucht ein Transportmittel und leiht hierfür mein eigenes oder das Geschäftsauto aus. Wer würde schon daran denken, beim Überlassen des Gefährts nach einem Führerausweis zu fragen oder diesen gar zu kontrollieren. Genau hier tappen aber Unternehmungen oft in die Falle und begehen, ohne es zu wissen, eine Straftat.

Ausgangslage
Gemäss Art. 95 SVG macht sich strafbar, wer ohne den erforderlichen Führerausweis zu besitzen ein Fahrzeug der entsprechenden Kategorie führt. Dies betrifft den konkreten Fahrer des Fahrzeuges. So weit, so klar. Gleichermassen strafbar macht sich aber auch derjenige, welcher dem unberechtigten Fahrer das Fahrzeug zur Verfügung stellt. Gemäss lit. e derselben Strafbestimmung wird mit «Freiheitstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Motorfahrzeug einem Führer überlässt, von dem er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass er den erforderlichen Ausweis nicht hat».

Die Krux der Bestimmung liegt darin, inwiefern der Fahrzeughalter Anstalten treffen muss, um beim Überlassen des Fahrzeuges die Fahrerlaubnis des Freundes / Berufskollegen zu überprüfen. Hierzu muss zwischen Privat und Beruf unterschieden werden:

Risiko privates Umfeld
Die Gerichte haben anerkannt, dass nicht erwartet werden kann, dass von jedem Freund vor Aushändigung der Autoschlüssel der Führerausweis kontrolliert wird. Bei Familienangehörigen und engen Freunden gilt also, dass man sich in guten Treuen auf mündliche Bestätigung verlassen kann und sich den Führerausweis nicht vorzeigen lassen muss.

Gewisse Autoren sind der Auffassung, dass bereits das «Nichtverhindern» der Fahrt unter Strafe steht. Dies bedeutet, dass ein Vater, welcher davon weiss, dass seinem Sohn der Führerausweis entzogen wurde, die Autoschlüssel daheim quasi verstecken müsste.

Risiko für Unternehmungen
Wie oben bereits erwähnt, muss von engen Freunden und Familienangehörigen der Führerausweis nicht kontrolliert werden. Angestellte und Berufskollegen fallen aber nicht unter diese Ausnahme, weshalb hier auf das Vorzeigen des Führerausweises bestanden werden muss. Erfahrungsgemäss werden Unternehmungen bei der Anstellung die Fahreignung der verschiedenen Kategorien (B, C, CE, D, F, G etc.) des neuen Arbeitnehmers überprüfen. Damit ist der Sorgfaltspflicht nach der hier vertretenen Auffassung für die Anstellung mit Sicherheit genüge getan.

Die Schweiz verfügt über ein sehr strenges Strassenverkehrsgesetz. Im Jahr 2019 wurden knapp 80’000 Führerausweise entzogen. Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass auch im eigenen Betrieb einige Angestellte die Fahrberechtigung zumindest zeitweise verlieren. Zugegebenermassen liegt es in der arbeitsrechtlichen Verantwortung des Angestellten, einen Entzug zu melden. Der Arbeitgeber darf sich andererseits aber nicht auf diese privatrechtliche Pflicht verlassen.

Konsequenz für Unternehmungen
Das Gesetz und die Praxis sehen keine konkrete Regel vor, in welchen Abständen die Fahrberechtigungen zu überprüfen sind. Gemäss unserer Auffassung dürfte eine halbjährliche Überprüfung der Fahrberechtigungen der Sorgfaltspflicht aber entsprechen. Wir empfehlen eine solche halbjährliche Kontrolle gesamtheitlich und für den Eintretensfall auch nachweisbar durchzuführen. Eine einmalige bzw. bei der Anstellung erfolgte Überprüfung genügt den Sorgfaltsansprüchen aber nicht.

Blackout im Skigebiet

Blackout im Skigebiet

Die Frage beschäftigt derzeit Unternehmer aller Branchen. Was passiert, wenn die aktuell skizzierten Notfallszenarien einer Strommangellage im kommenden Winter eintreten? Ist meine Unternehmung davon betroffen? Was für Vorbereitungen können wir treffen und wie weit sind wir für den Ausfall gegenüber unseren Partnern (Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter etc.) verpflichtet?

Nachstehend wird versucht, die möglichen Konsequenzen einer Stromrationierung bzw. einer gänzlichen Abschaltung der Stromzufuhr am konkreten Beispiel eines Skigebietes zu skizzieren. Das Szenario orientiert sich an den durch den Bund publizierten Informationen bzw. an den Publikationen des OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen).

Ausgangslage
Mehrfach haben Vertreter des Bundes darauf hingewiesen, dass im kommenden Winter 2022 eine Strommangellage drohen könnte. Das Szenario wird nicht erst seit dem Ausbruch des Krieges als realistisch eingeschätzt. Vielmehr wurden bereits in der Risikoanalyse des BABS (Bundesamt für Bevölkerungsschutz) vom November 2020 die Strommangellage, eine Pandemie oder der Ausfall des Mobilfunknetzes als grösste Risiken angeführt. Die Einschätzung war bisher beunruhigend exakt. Die Situation betreffend der Strommangellage hat sich in den vergangenen Monaten zudem massiv verschärft, weshalb die Unternehmen gehalten sind, sich hierauf vorzubereiten.

In juristischer / rechtstaatlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Bund zur Rationierung der Stromversorgung befugt ist. Eine verfassungsmässige Grundlage besteht ohne Zweifel. Die OSTRAL hat sodann vier konkrete Massnahmen für den Eintretensfall vorgesehen (vgl. obzitierter Bericht):

  1. Sparapelle an die Bevölkerung (freiwillig)
  2. Verbrauchseinschränkungen
  3. Sofortkontingentierung und Kontingentierung für Grossverbraucher
    (Jahresverbrauch von mehr als 100’000 kWH gem. Art. 11 Stromversorgungsverordnung)
  4. Netzabschaltungen für einzelne Bereiche des Verteilnetzgebietes

Skigebiete verfügen über einen sehr hohen Stromverbrauch. Gleichzeitig sind sie grösstenteils weder Teil der kritischen Infrastruktur noch wirtschaftlich für die Landesversorgung von zwingender Bedeutung. Die Abschaltung von Skigebieten bei Mangellagen wird im Rahmen der „Freizeitbetriebe“ in der vorliegenden Diskussion oft erwähnt. Teils wird auch sehr konkret auf die Skigebiete verwiesen, was nicht zuletzt ein Vorstoss der GLP im Parlament gezeigt hat. Aufgrund dieser Tatsachen ist also damit zu rechnen, dass Skigebiete zu den frühzeitig von einer Stromrationierung betroffenen Wirtschaftszweigen zu zählen sind.

Grundlagen juristisch
In der Schweizerischen Lehre wird gemeinhin die Meinung vertreten, dass es sich beim Stromlieferungsvertrag um eine gesetzlich nicht explizit geregelte Vertragsart handle (sog. Innominatkontrakt). Der Vertrag hat sowohl Elemente eines Kauf- wie auch eines Werkvertrages. Für die hier zu behandelnde Fragestellung ist dies aber nicht von Belang, da der Strom aufgrund eines staatlichen Eingriffs bzw. der Mangellage ohnehin nicht geliefert werden kann. Allfällige Ansprüche aus dem Stromlieferungsvertrag wären dann im Anschluss an die Krise zu prüfen. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben allfällige Entschädigung / Hilfspakete seitens des Bundes.

In rechtlicher Hinsicht stellt sich für Skigebiete die Frage, was für Konsequenzen für die eigenen Vertragsverpflichtungen sich aus der Abschaltung ergeben. Dabei ist v.a. an Verpflichtungen gegenüber Kunden (Skitouristen) und anderen Partnern (bspw. Transportaufträge für Restaurants) zu denken.

Der klassische Skitourist, welcher für einen Tag in die Berge zum Skifahren geht, wird bei der Abschaltung kaum Schwierigkeiten bereiten. Der Vertragsschluss kommt erst an der Kasse bzw. am Skitag selber zustande. Da der Betrieb zu diesem Zeitpunkt aber bereits eingestellt ist, findet auch kein Vertragsschluss statt. Damit bleibt als einziger offener Punkt die Verpflichtungen gegenüber Abonnementen (bspw. Saison- oder Jahresabonnementen) oder solchen Kunden, welche den Skipass bereits im Voraus gekauft haben.

Vertragsart des Ski Abos
Die für ein Ski Abo anwendbare Vertragsart stellt gemäss der aktuellen Rechtsprechung der Transportvertrag bzw. konkret der Personentransportvertrag gem. Art. 19 ff. PBG (Bundesgesetz über die Personalbeförderung) dar. Neben der Hauptleistung – dem Transport mit einem Lift – ergeben sich auch weiter Nebenpflichten wie beispielsweise das zur Verfügung stellen von sicheren und tauglichen Pisten. Im Falle einer Strommangellage ist grundsätzlich nur die Hauptpflicht betroffen.

Haftung aus Nichterfüllung
Als spezialgesetzliche Regelung sieht das PBG selber zwar Haftungen für Verspätungen vor (massgeschneidert bspw. auf den Bahntransport), jedoch gibt es keine konkrete Bestimmung für den Fall, dass die Transportleistung durch die Seilbahnunternehmung nicht erbracht werden könnte. Da es sich unbestrittenermassen um ein privatrechtliches Verhältnis handelt, können auf den Vertrag die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes angewendet werden.

Für die Beurteilung der Haftbarkeit muss unterschieden werden, ob eine Erfüllung bei der Strommangellage überhaupt noch möglich wäre oder ob die Leistung aufgrund der staatlichen Anordnung nachträglich objektiv unmöglich geworden ist. Sofern aufgrund einer Strommangellage gesamtschweizerisch die Versorgung der Seilbahnbetriebe mit Strom unterbrochen wird, liegt gemäss unserer Auffassung eine nachträgliche objektive Unmöglichkeit vor. Kein Seilbahnunternehmen in der Schweiz wäre in diesem Fall noch in der Lage, die Transportleistung zu erbringen. Dem könnte allerdings entgegengehalten werden, dass ein Betrieb der Seilbahnen auf andere Weise – bspw. mit Notstromaggregaten – zumindest theoretisch noch möglich wäre. In diesem Fall würde nur eine wirtschaftliche Unmöglichkeit bestehen, welche Haftungsfolgen auslösen würde. Diese Argumentation erscheint nach der hier vertretenen Auffassung allerdings als Abenteuerlich, da die notwendigen Infrastrukturen weder bestehen, noch mit vertretbarem finanziellen Aufwand beschafft und betrieben werden könnten. Ohnehin ist davon auszugehen, dass im Falle einer Strommangellage auch die Benutzung von Aggregaten eingeschränkt werden könnte.

Rückabwicklung / Rückzahlung des Abopreises
Liegt eine nachträgliche objektive Unmöglichkeit vor, ist für die Rechtsfolgen entscheidend, ob die Schuldnerin (vorliegend also die Seilbahnbetreiberin) die Unmöglichkeit zu vertreten hat oder nicht. Hat sie für den zur Unmöglichkeit führenden Umstand einzustehen, haftet sie nach Art. 97 Abs. 1 OR für den Schaden. Kann sie beweisen, dass sie die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat, kommt Art. 119 Abs. 1 OR zur Anwendung; damit gilt zum einen die Forderung im Sinne der Transportpflicht als erloschen und zum anderen muss die Seilbahnbetreiberin die bereits empfangene Gegenleistung (allenfalls pro rata temporis) herausgeben. Mit anderen Worten findet eine Rückabwicklung des Vertrages statt.

Das Gesetz hält in Art. 119 Abs. 3 OR aber auch fest, dass die Gegenleistungspflicht dann nicht entfällt, wenn die Leistungsgefahr gemäss Vereinbarung oder Gesetz schon vor der Erfüllung auf die andere Partei übergegangen ist. Vorliegend müsste also eine Rückabwicklung dann nicht erfolgen, wenn eine konkrete Bestimmung im Vertrag dies vorsieht. Entsprechend bestünde für die Seilbahnunternehmen die Möglichkeit, im Kaufvertrag oder allenfalls auch in den ABGs vorzusehen, dass bei einer Betriebseinstellung aufgrund einer Strommangellage keine Rückzahlung der Abonnemente oder der bereits erworbenen Tagespässe erfolgt. Für die Unternehmungen stellt sich damit die Frage, wie eine solche Regelung vertraglich vorgesehen werden kann.

In den vergangenen Jahren hat sich betreffend der Gültigkeit von allgemeinen Vertragsbedingungen eine weitreichende Praxis entwickelt. Für Praktiker ist es wesentlich zu wissen, dass bei einer vollständigen Übernahme der AGBs (klassisch durch Setzen des Häkchens oder Hinweis auf dem Vertrag) ungewöhnliche Regelungen in den AGBs, mit welchen der Vertragspartner nicht rechnen muss, nicht übernommen werden. Für ungewöhnliche Bestimmungen ist es ratsam, diese entweder direkt in den Vertrag aufzunehmen, oder auf die jeweilige AGB-Bestimmung speziell zu verweisen.

Aufgrund dieser speziellen Vorschriften zur Gültigkeit von ungewöhnlichen AGB-Bestimmungen würde sich anbieten, den Hinweis auf den konkreten Kaufvertrag oder zumindest einen Verweis auf die ABG-Bestimmung aufzunehmen. In diesem Fall müssten die bereits verkauften Abonnemente bei einer Einstellung des Bahnbetriebes nicht zurückbezahlt werden.

Übrige Vertragsverhältnisse / Freizeitbeschäftigungen
Für die vorliegende Einschätzung wurde nur der Skipass als Vertragsverhältnis beleuchtet. Die Einschätzungen gelten analog aber für die meisten Freizeitbeschäftigungen, solange keine spezialgesetzlichen Bestimmungen eine andere Regelung vorsehen.

Fazit
Die Gefahr einer Einschränkung der Stromnutzung ist real. Obwohl der Staat während der COVID-Pandemie mit massiven Finanzhilfen die Wirtschaft gestützt hat, ist keinesfalls sichergestellt, dass dies im Falle der Strommangellage in ähnlicher Form wieder geschehen wird, zumal der Ausfall um einiges grösser sein dürfte. Die Unternehmungen sind in der Pflicht, sich sowohl in praktischer als auch rechtlicher Hinsicht auf diesen Fall vorzubereiten. Gerne unterstützen wir Sie dabei mit unserer langjährigen Erfahrung in Recht / Wirtschaft und Politik.

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