von Andreas Mattle, MLaw utr. iur. Rechtsanwalt und Notar, Partner | 08. Aug 2023 | Gesellschaftsrecht
Neues Aktienrecht – was KMU beachten sollten
Seit dem 1. Januar 2023 ist das neue Aktienrecht in Kraft. Es betrifft sowohl Aktiengesellschaften als auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Es wurden eine Vielzahl von Änderungen vorgenommen. Für kleinere und mittlere Unternehmungen stellt sich damit die Frage, welche Änderungen für den eigenen Betrieb relevant sind.
Vorab sei darauf hingewiesen, dass die Auswahl natürlich nicht abschliessend ist. Auch für KMUs können hier nicht beschriebene Neuerungen relevant sein (Aktienkapital in Fremdwährung, Mindestnennwert von einem Rappen der Aktien / Stammanteile, Möglichkeit der Zwischendividende, neue Bestimmungen zur Sachübernahme, Einführung Geschlechterquoten, Kapitalband etc.). In der Praxis machen wir aber die Erfahrung, dass insbesondere die nachstehenden Bereiche für eine Anpassung / allgemeine Information sinnvoll sind:
Virtuelle Generalversammlung und Verwaltungsratssitzung
Neu besteht die Möglichkeit sowohl die Generalversammlungen als auch die Verwaltungsratssitzungen virtuell (via Videokonferenz / Zoom / Teams etc.) abzuhalten. Ebenso ist eine Mischform bzw. «hybride» Durchführung möglich. Es ist aber sicherzustellen, dass die Identität der Teilnehmer festgestellt werden kann, die Voten der Generalversammlung unmittelbar übertragen werden, sich jeder Teilnehmer an der Diskussion beteiligen sowie das Abstimmungsergebnis nicht verfälscht werden kann.
Während die digitale / hybride Durchführung der Generalversammlung bei den meisten Gesellschaften wohl eher die Ausnahme bleiben dürfte, wird die digitale und hybride Durchführung von Verwaltungsratssitzungen in der Praxis wohl eine grosse Bedeutung erlangen. Bisher war die Durchführung solcher hybriden Verwaltungsratssitzungen umstritten. Mit der Gesetzesänderung schafft der Gesetzgeber nun eine explizite Grundlage. Dabei ist zu beachten, dass die Protokollvorschriften weiterhin gültig bleiben (vgl. nachstehend). Ebenso ist eine Ergänzung / Änderung der Statuten empfehlenswert.
Protokollierung Generalversammlung, Detailangaben
Der Artikel 702 OR, welcher den Mindestinhalt des Protokolls der Generalversammlung betrifft, wurde ebenfalls ergänzt. Neu müssen sowohl das Datum, die Uhrzeit (Anfang und Ende), die Art und der Ort der Generalversammlung im Protokoll aufgeführt werden. Konkret bedeutet dies, dass im Protokoll der Generalversammlung der Muster AG festgehalten wird, dass die ordentliche Generalversammlung am 10. Mai 2023 um 18:00 Uhr im Restaurant Rössli beginnt und um 19:00 Uhr endet. Die übrigen Bestimmungen bleiben gleich, wobei bei einer «digitalen Generalversammlung» bzw. bei Verwendung elektronischer Mittel relevante technische Probleme aufgeführt werden müssen.
Bisher waren diese Angaben nicht zwingend und sind damit in vielen Vorlagen nicht aufgeführt. Wir empfehlen daher eine Überprüfung der bisher verwendeten Vorlagen.
Standardmässige Delegationskompetenz der Geschäftsführung
Bisher war für die Delegation der Geschäftsführung durch den Verwaltungsrat – vornehmlich an einen angestellten Geschäftsführer – eine explizite statutarische Grundlage notwendig. Das neue Recht sieht diese Möglichkeit nun explizit vor, wobei die Statuten die Möglichkeit beschränken können.
Information über Interessenkonflikte
Bisher war der einzelne Verwaltungsrat und die berufene Geschäftsführung nicht explizit bzw. nur im Rahmen der «allgemeinen Treuepflichten» dazu verpflichtet, Interessenkonflikte der Gesellschaft mitzuteilen. Das neue Aktienrecht schafft eine Bestimmung, wonach diese Meldungen nun zwingend sind. Es empfiehlt sich, die Meldungen schriftlich vorzunehmen und in das Protokoll zu integrieren.
von Andreas Mattle, MLaw utr. iur. Rechtsanwalt und Notar, Partner | 09. Aug 2022 | Strafrecht
Die Ausgangssituation ist bestens bekannt. Ein Freund oder ein Angestellter braucht ein Transportmittel und leiht hierfür mein eigenes oder das Geschäftsauto aus. Wer würde schon daran denken, beim Überlassen des Gefährts nach einem Führerausweis zu fragen oder diesen gar zu kontrollieren. Genau hier tappen aber Unternehmungen oft in die Falle und begehen, ohne es zu wissen, eine Straftat.
Ausgangslage
Gemäss Art. 95 SVG macht sich strafbar, wer ohne den erforderlichen Führerausweis zu besitzen ein Fahrzeug der entsprechenden Kategorie führt. Dies betrifft den konkreten Fahrer des Fahrzeuges. So weit, so klar. Gleichermassen strafbar macht sich aber auch derjenige, welcher dem unberechtigten Fahrer das Fahrzeug zur Verfügung stellt. Gemäss lit. e derselben Strafbestimmung wird mit «Freiheitstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Motorfahrzeug einem Führer überlässt, von dem er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass er den erforderlichen Ausweis nicht hat».
Die Krux der Bestimmung liegt darin, inwiefern der Fahrzeughalter Anstalten treffen muss, um beim Überlassen des Fahrzeuges die Fahrerlaubnis des Freundes / Berufskollegen zu überprüfen. Hierzu muss zwischen Privat und Beruf unterschieden werden:
Risiko privates Umfeld
Die Gerichte haben anerkannt, dass nicht erwartet werden kann, dass von jedem Freund vor Aushändigung der Autoschlüssel der Führerausweis kontrolliert wird. Bei Familienangehörigen und engen Freunden gilt also, dass man sich in guten Treuen auf mündliche Bestätigung verlassen kann und sich den Führerausweis nicht vorzeigen lassen muss.
Gewisse Autoren sind der Auffassung, dass bereits das «Nichtverhindern» der Fahrt unter Strafe steht. Dies bedeutet, dass ein Vater, welcher davon weiss, dass seinem Sohn der Führerausweis entzogen wurde, die Autoschlüssel daheim quasi verstecken müsste.
Risiko für Unternehmungen
Wie oben bereits erwähnt, muss von engen Freunden und Familienangehörigen der Führerausweis nicht kontrolliert werden. Angestellte und Berufskollegen fallen aber nicht unter diese Ausnahme, weshalb hier auf das Vorzeigen des Führerausweises bestanden werden muss. Erfahrungsgemäss werden Unternehmungen bei der Anstellung die Fahreignung der verschiedenen Kategorien (B, C, CE, D, F, G etc.) des neuen Arbeitnehmers überprüfen. Damit ist der Sorgfaltspflicht nach der hier vertretenen Auffassung für die Anstellung mit Sicherheit genüge getan.
Die Schweiz verfügt über ein sehr strenges Strassenverkehrsgesetz. Im Jahr 2019 wurden knapp 80’000 Führerausweise entzogen. Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass auch im eigenen Betrieb einige Angestellte die Fahrberechtigung zumindest zeitweise verlieren. Zugegebenermassen liegt es in der arbeitsrechtlichen Verantwortung des Angestellten, einen Entzug zu melden. Der Arbeitgeber darf sich andererseits aber nicht auf diese privatrechtliche Pflicht verlassen.
Konsequenz für Unternehmungen
Das Gesetz und die Praxis sehen keine konkrete Regel vor, in welchen Abständen die Fahrberechtigungen zu überprüfen sind. Gemäss unserer Auffassung dürfte eine halbjährliche Überprüfung der Fahrberechtigungen der Sorgfaltspflicht aber entsprechen. Wir empfehlen eine solche halbjährliche Kontrolle gesamtheitlich und für den Eintretensfall auch nachweisbar durchzuführen. Eine einmalige bzw. bei der Anstellung erfolgte Überprüfung genügt den Sorgfaltsansprüchen aber nicht.
von Andreas Mattle, MLaw utr. iur. Rechtsanwalt und Notar, Partner | 19. Jul 2022 | Allgemeines Vertragsrecht
Die Frage beschäftigt derzeit Unternehmer aller Branchen. Was passiert, wenn die aktuell skizzierten Notfallszenarien einer Strommangellage im kommenden Winter eintreten? Ist meine Unternehmung davon betroffen? Was für Vorbereitungen können wir treffen und wie weit sind wir für den Ausfall gegenüber unseren Partnern (Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter etc.) verpflichtet?
Nachstehend wird versucht, die möglichen Konsequenzen einer Stromrationierung bzw. einer gänzlichen Abschaltung der Stromzufuhr am konkreten Beispiel eines Skigebietes zu skizzieren. Das Szenario orientiert sich an den durch den Bund publizierten Informationen bzw. an den Publikationen des OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen).
Ausgangslage
Mehrfach haben Vertreter des Bundes darauf hingewiesen, dass im kommenden Winter 2022 eine Strommangellage drohen könnte. Das Szenario wird nicht erst seit dem Ausbruch des Krieges als realistisch eingeschätzt. Vielmehr wurden bereits in der Risikoanalyse des BABS (Bundesamt für Bevölkerungsschutz) vom November 2020 die Strommangellage, eine Pandemie oder der Ausfall des Mobilfunknetzes als grösste Risiken angeführt. Die Einschätzung war bisher beunruhigend exakt. Die Situation betreffend der Strommangellage hat sich in den vergangenen Monaten zudem massiv verschärft, weshalb die Unternehmen gehalten sind, sich hierauf vorzubereiten.
In juristischer / rechtstaatlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Bund zur Rationierung der Stromversorgung befugt ist. Eine verfassungsmässige Grundlage besteht ohne Zweifel. Die OSTRAL hat sodann vier konkrete Massnahmen für den Eintretensfall vorgesehen (vgl. obzitierter Bericht):
- Sparapelle an die Bevölkerung (freiwillig)
- Verbrauchseinschränkungen
- Sofortkontingentierung und Kontingentierung für Grossverbraucher
(Jahresverbrauch von mehr als 100’000 kWH gem. Art. 11 Stromversorgungsverordnung)
- Netzabschaltungen für einzelne Bereiche des Verteilnetzgebietes
Skigebiete verfügen über einen sehr hohen Stromverbrauch. Gleichzeitig sind sie grösstenteils weder Teil der kritischen Infrastruktur noch wirtschaftlich für die Landesversorgung von zwingender Bedeutung. Die Abschaltung von Skigebieten bei Mangellagen wird im Rahmen der „Freizeitbetriebe“ in der vorliegenden Diskussion oft erwähnt. Teils wird auch sehr konkret auf die Skigebiete verwiesen, was nicht zuletzt ein Vorstoss der GLP im Parlament gezeigt hat. Aufgrund dieser Tatsachen ist also damit zu rechnen, dass Skigebiete zu den frühzeitig von einer Stromrationierung betroffenen Wirtschaftszweigen zu zählen sind.
Grundlagen juristisch
In der Schweizerischen Lehre wird gemeinhin die Meinung vertreten, dass es sich beim Stromlieferungsvertrag um eine gesetzlich nicht explizit geregelte Vertragsart handle (sog. Innominatkontrakt). Der Vertrag hat sowohl Elemente eines Kauf- wie auch eines Werkvertrages. Für die hier zu behandelnde Fragestellung ist dies aber nicht von Belang, da der Strom aufgrund eines staatlichen Eingriffs bzw. der Mangellage ohnehin nicht geliefert werden kann. Allfällige Ansprüche aus dem Stromlieferungsvertrag wären dann im Anschluss an die Krise zu prüfen. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben allfällige Entschädigung / Hilfspakete seitens des Bundes.
In rechtlicher Hinsicht stellt sich für Skigebiete die Frage, was für Konsequenzen für die eigenen Vertragsverpflichtungen sich aus der Abschaltung ergeben. Dabei ist v.a. an Verpflichtungen gegenüber Kunden (Skitouristen) und anderen Partnern (bspw. Transportaufträge für Restaurants) zu denken.
Der klassische Skitourist, welcher für einen Tag in die Berge zum Skifahren geht, wird bei der Abschaltung kaum Schwierigkeiten bereiten. Der Vertragsschluss kommt erst an der Kasse bzw. am Skitag selber zustande. Da der Betrieb zu diesem Zeitpunkt aber bereits eingestellt ist, findet auch kein Vertragsschluss statt. Damit bleibt als einziger offener Punkt die Verpflichtungen gegenüber Abonnementen (bspw. Saison- oder Jahresabonnementen) oder solchen Kunden, welche den Skipass bereits im Voraus gekauft haben.
Vertragsart des Ski Abos
Die für ein Ski Abo anwendbare Vertragsart stellt gemäss der aktuellen Rechtsprechung der Transportvertrag bzw. konkret der Personentransportvertrag gem. Art. 19 ff. PBG (Bundesgesetz über die Personalbeförderung) dar. Neben der Hauptleistung – dem Transport mit einem Lift – ergeben sich auch weiter Nebenpflichten wie beispielsweise das zur Verfügung stellen von sicheren und tauglichen Pisten. Im Falle einer Strommangellage ist grundsätzlich nur die Hauptpflicht betroffen.
Haftung aus Nichterfüllung
Als spezialgesetzliche Regelung sieht das PBG selber zwar Haftungen für Verspätungen vor (massgeschneidert bspw. auf den Bahntransport), jedoch gibt es keine konkrete Bestimmung für den Fall, dass die Transportleistung durch die Seilbahnunternehmung nicht erbracht werden könnte. Da es sich unbestrittenermassen um ein privatrechtliches Verhältnis handelt, können auf den Vertrag die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes angewendet werden.
Für die Beurteilung der Haftbarkeit muss unterschieden werden, ob eine Erfüllung bei der Strommangellage überhaupt noch möglich wäre oder ob die Leistung aufgrund der staatlichen Anordnung nachträglich objektiv unmöglich geworden ist. Sofern aufgrund einer Strommangellage gesamtschweizerisch die Versorgung der Seilbahnbetriebe mit Strom unterbrochen wird, liegt gemäss unserer Auffassung eine nachträgliche objektive Unmöglichkeit vor. Kein Seilbahnunternehmen in der Schweiz wäre in diesem Fall noch in der Lage, die Transportleistung zu erbringen. Dem könnte allerdings entgegengehalten werden, dass ein Betrieb der Seilbahnen auf andere Weise – bspw. mit Notstromaggregaten – zumindest theoretisch noch möglich wäre. In diesem Fall würde nur eine wirtschaftliche Unmöglichkeit bestehen, welche Haftungsfolgen auslösen würde. Diese Argumentation erscheint nach der hier vertretenen Auffassung allerdings als Abenteuerlich, da die notwendigen Infrastrukturen weder bestehen, noch mit vertretbarem finanziellen Aufwand beschafft und betrieben werden könnten. Ohnehin ist davon auszugehen, dass im Falle einer Strommangellage auch die Benutzung von Aggregaten eingeschränkt werden könnte.
Rückabwicklung / Rückzahlung des Abopreises
Liegt eine nachträgliche objektive Unmöglichkeit vor, ist für die Rechtsfolgen entscheidend, ob die Schuldnerin (vorliegend also die Seilbahnbetreiberin) die Unmöglichkeit zu vertreten hat oder nicht. Hat sie für den zur Unmöglichkeit führenden Umstand einzustehen, haftet sie nach Art. 97 Abs. 1 OR für den Schaden. Kann sie beweisen, dass sie die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat, kommt Art. 119 Abs. 1 OR zur Anwendung; damit gilt zum einen die Forderung im Sinne der Transportpflicht als erloschen und zum anderen muss die Seilbahnbetreiberin die bereits empfangene Gegenleistung (allenfalls pro rata temporis) herausgeben. Mit anderen Worten findet eine Rückabwicklung des Vertrages statt.
Das Gesetz hält in Art. 119 Abs. 3 OR aber auch fest, dass die Gegenleistungspflicht dann nicht entfällt, wenn die Leistungsgefahr gemäss Vereinbarung oder Gesetz schon vor der Erfüllung auf die andere Partei übergegangen ist. Vorliegend müsste also eine Rückabwicklung dann nicht erfolgen, wenn eine konkrete Bestimmung im Vertrag dies vorsieht. Entsprechend bestünde für die Seilbahnunternehmen die Möglichkeit, im Kaufvertrag oder allenfalls auch in den ABGs vorzusehen, dass bei einer Betriebseinstellung aufgrund einer Strommangellage keine Rückzahlung der Abonnemente oder der bereits erworbenen Tagespässe erfolgt. Für die Unternehmungen stellt sich damit die Frage, wie eine solche Regelung vertraglich vorgesehen werden kann.
In den vergangenen Jahren hat sich betreffend der Gültigkeit von allgemeinen Vertragsbedingungen eine weitreichende Praxis entwickelt. Für Praktiker ist es wesentlich zu wissen, dass bei einer vollständigen Übernahme der AGBs (klassisch durch Setzen des Häkchens oder Hinweis auf dem Vertrag) ungewöhnliche Regelungen in den AGBs, mit welchen der Vertragspartner nicht rechnen muss, nicht übernommen werden. Für ungewöhnliche Bestimmungen ist es ratsam, diese entweder direkt in den Vertrag aufzunehmen, oder auf die jeweilige AGB-Bestimmung speziell zu verweisen.
Aufgrund dieser speziellen Vorschriften zur Gültigkeit von ungewöhnlichen AGB-Bestimmungen würde sich anbieten, den Hinweis auf den konkreten Kaufvertrag oder zumindest einen Verweis auf die ABG-Bestimmung aufzunehmen. In diesem Fall müssten die bereits verkauften Abonnemente bei einer Einstellung des Bahnbetriebes nicht zurückbezahlt werden.
Übrige Vertragsverhältnisse / Freizeitbeschäftigungen
Für die vorliegende Einschätzung wurde nur der Skipass als Vertragsverhältnis beleuchtet. Die Einschätzungen gelten analog aber für die meisten Freizeitbeschäftigungen, solange keine spezialgesetzlichen Bestimmungen eine andere Regelung vorsehen.
Fazit
Die Gefahr einer Einschränkung der Stromnutzung ist real. Obwohl der Staat während der COVID-Pandemie mit massiven Finanzhilfen die Wirtschaft gestützt hat, ist keinesfalls sichergestellt, dass dies im Falle der Strommangellage in ähnlicher Form wieder geschehen wird, zumal der Ausfall um einiges grösser sein dürfte. Die Unternehmungen sind in der Pflicht, sich sowohl in praktischer als auch rechtlicher Hinsicht auf diesen Fall vorzubereiten. Gerne unterstützen wir Sie dabei mit unserer langjährigen Erfahrung in Recht / Wirtschaft und Politik.
von Andreas Mattle, MLaw utr. iur. Rechtsanwalt und Notar, Partner | 14. Apr 2022 | Baurecht
Die vergangenen Jahre haben für den Bausektor einige der grössten Turbulenzen betreffend Lieferprobleme und Bauverzögerungen in der jüngeren Geschichte verursacht. Nachdem die Pandemie zuerst zu Schliessungen und Lieferproblemen sowohl in den Herkunftsländern des Materials als auch in der Schweiz führte, blockierte in der ersten Jahreshälfte zudem noch ein Schiff die für Materiallieferungen so wichtige Schiffsroute durch den Suezkanal. Nachdem gegen Ende 2021 eine gewisse Normalisierung der Pandemie und damit der allgemeinen Situation erhofft wurde, entstand durch den Ukraine Krieg wiederum eine vollkommen neue und unerwartete Situation. Alle diese Faktoren hatten einen wesentlichen Einfluss auf die Materialpreise (insbesondere Stahl, Holz, Treibstoffe etc.).
Für den Bauunternehmer können Materialteuerungen gravierende Folgen haben. Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass die Möglichkeit der Teuerung bei der Eingabe der Offerte bzw. beim Vertragsschluss offen angesprochen und im Voraus geregelt wird (spezifische Vertragsbestimmung oder Verweis auf eine gesonderte Teuerungsabrechnung wie bspw. SIA-118).
In der Praxis stellen wir aber fest, dass die Auftragsvergabe oft mittels eines Fixpreises (Pauschal- oder Einheitspreis) ohne Vereinbarung zur Teuerung erfolgt. Dies bedeutet, dass die Höhe der Vergütung im Voraus genau bestimmt ist. In diesem Fall ist der Unternehmer verpflichtet, das Werk um diese Summe fertigzustellen, selbst wenn er grössere Auslagen (Preissteigerungen) hat, als vorgesehen war (Gesetzeswortlaut, Art. 373 OR). Hiervon nicht erfasst sind natürlich Änderungen an der Ausführung auf Wunsch des Auftraggebers. Was für Arbeiten von der ursprünglichen Offerte miterfasst sind, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Der vereinbarte Fixpreis kann in der aktuellen Teuerungssituation für den Unternehmer nicht nur einfach dazu führen, dass für das Bauprojekt kein oder ein tieferer Gewinn erzielt wird. Vielmehr können erhebliche Verluste die Folge sein. Verträge sind zu halten. Das gilt auch dann, wenn die Verhältnisse ändern. Für besondere Extremfälle hat der Gesetzgeber daher eine Notlösung zur Anpassung von Fixpreisen vorgesehen.
Im Falle von a.o. Umständen, die nicht vorausgesehen werden konnten und die Fertigstellung übermässig erschweren, kann eine Erhöhung des Preises oder die Auflösung des Vertrages verlangt werden (Art. 373 Abs. 2 OR / gleichlautende Bestimmung in Art. 59 SIA-118). Hierzu sei noch der Hinweis gemacht, dass gerade grosse Generalunternehmer zeitweilen versuchen, dem Unternehmer in den allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Verzicht auf diese Möglichkeit «unterzujubeln». Es gilt also, die AGBs genau zu prüfen.
Damit setzt die Anpassung des Fixpreises ohne Teuerungsabrechnung (Pauschal- oder Einheitspreis) zweierlei voraus:
- Vorliegen a.o. Umstände, welche nicht voraussehbar waren;
- übermässig Erschwerung in der Fertigstellung des Werkes
Es ist von grosser Wichtigkeit zu betonen, dass die a.o. Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht voraussehbar sein durften. Das Gesetz geht von einem vorsichtigen und sachkundigen Unternehmer aus, der die Risiken bewertet hat. Der Massstab ist sehr streng. Insbesondere hängt es von dem Umständen auf dem Bau sowie der Dauer des Bauvorhabens ab. Soweit trotz Kenntnis der Situation keine Regelung zur Teuerung aufgenommen wurde, gilt das Risiko als akzeptiert und der Preis kann später nicht angepasst werden. Der Unternehmer muss das Bauwerk trotz Verlust ausführen.
Eine übermässige Erschwerung in der Fertigstellung liegt dann vor, wenn die Mehrkosten zu einem krassen Missverhältnis zwischen der Leistung des Unternehmers und der vereinbarten Vergütung führen. Ein Verlust bedeutet per se noch keine übermässige Erschwerung. Gewisse Verbände haben in internen Weisungen eine Preiserhöhung von 5 % im Vergleich zum Stichtag als übermässig betrachtet (über eine Zeitspanne von 6 Monaten). Neben den hier erwähnten Materialteuerungen können auch sonstige Umstände wie Naturereignisse, stark gestiegene Lohnkosten oder Zwangsschliessungen für die Begründung einer übermässigen Erschwerung in Betracht kommen.
Wichtig ist, dass der Unternehmer bei Kenntnis von a.o. Umständen sofort eine entsprechende Meldung an den Auftraggeber machen muss (Empfehlung: schriftlich). Wird die Meldung unterlassen, so verwirkt der Anspruch.
Betrachtet man die letzten zwei Jahre wird klar, dass die Vereinbarung einer Regelung zur Teuerung unumgänglich ist (nach SIA-118 oder eigene spezifische Regelung). Das Risiko ist beim Abschluss künftiger Werkverträge im Hinterkopf zu behalten. Sobald a.o. Umstände eintreten, welche die Ausführung erschweren ist der Auftraggeber schriftlich zu informieren. In den allermeisten Fällen kann im Dialog eine Lösung für die Preisanpassung gefunden werden.